Was sagen eigentlich Computer Freaks zu E-Rädern? Eine Menge. Und nicht nur das, sie basteln sich auch welche… wie dieser Vortrag vom Chaos Communication Congress des CCC im Dezember 2010 Berliner „bcc“ zeigt (ja, das „bcc“, da wo auch das Atomforum sich getroffen hat).
Das Thema Nachrüsten ist hier im e-Rad Hafen bisher nicht so gut beleuchtet worden, auch deshalb passt der Vortrag von Gismo und Betty hier bestens rein. Denn er erläutert eine Menge technischer Details zum Nachrüsten (Motoren und Sensoren) aber auch zu den Stärken und Möglichkeiten von Elektroantrieben in unterschiedlichsten Rädern…
Der Unterstützungs-Faktor ist ein Maß dafür, wie stark ein Elektrofahrrad (Pedelec) beim Fahren unterstützt. Man könnte das auf verschiedene Weisen messen, bspw. Durch den Vergleich Motorleistung zu Fahrerleistung während der Fahrt. Also wie viel leistet der Fahrer und wie viel der Motor. Dabei ist allerdings das Problem, dass die Motorleistung nicht immer gleich viel Effekt hat. Es kann also sein, dass ein Motor sehr viel leistet (also viel Strom verbraucht), der Fahrer aber trotzdem kaum entlastet wird. Das kann durch schlechte Fahr-Eigenschaften des E-Rads passieren aber auch durch schlechte Motorsteuerung.
Der Verein ExtraEnergy geht in seinen Tests deshalb anders vor: Jede Testperson fährt mit einem Referenzrad ohne Motor mehrere Runden auf der Teststrecke. Aus den Referenzrad-Fahrten wird eine, für den Fahrer charakteristische, Leistungs-Geschwindigkeits-Kurve ermittelt. Diese drückt aus, welche Leistung für eine bestimmte Geschwindigkeit aufgebracht werden muss.
Bei jeder Fahrt mit einem Elektrofahrrad (Pedelec) wird dann ebenfalls eine solche Kurve erstellt. Aus dem Unterschied der nötigen Leistungen der Fahrer wird dann der Unterstützungsfaktor errechnet. Die Formel ist: (nötige Leistung ohne Motor/nötige Leistung mit Motor) – 1 .
Beispiel
Braucht eine Fahrerin auf dem Referenzrad 140 Watt um 20km/h zu halten, auf einem E-Rad aber nur 70 Watt, dann ist der Unterstützungsfaktor 140/70-1, also 1.
Der Vorteil an dieser Berechnungs-Methode ist, dass es völlig egal ist, ob der Motor für die Entlastung der Fahrerin um 70 Watt nun 500 oder 80 Watt aufbringt. Wichtig ist, wie viel weniger gestrampelt werden muss.
Die VELOBerlin ist vorbei und es gibt eine Menge neues für den E-Rad Hafen, das wird sich in verschiedenen Seiten zeigen, aber hier schon mal ein kleiner Einblick- am Ende des Textes sind die alle Fotos in einer Galerie…
Dass Bosch einen Motor heraus bringt war seit einer Weile bekannt. Dass aber Derby Cycles ebenfalls einen neuen Mittelmotor auf den Markt bringen würde, war für viele eine Überraschung.
Beide Motoren sind nach erstem Eindruck eine Weiterentwicklung zu bisherigen Mittelmotoren. Der Derby Motor vor allem weil er erstmals eine Rücktrittbremse mit einem Mittelmotor vereint. Diese Kombination war bisher nicht möglich, sie könnte aber durchaus zu einem Verkaufshit werden, denn es gibt eine Menge Radler, die Rücktritt wollen, aber Vorbehalte gegenüber Frontmotoren haben. Der Bosch Motor ist dagegen weiter nur ohne Rücktritt zu haben, dafür hat er einen scheinbar sehr gut optimierten Controller, mit nur 288Wh Kapazität schafft bspw. das Winora Haibike laut Hersteller Reichweiten zwischen 60 und gut über 100km (Standardbedingungen, abhängig vom gewählten Modus). Selbst wenn man annimmt, dass diese Werte optimistisch sind, scheint da doch eine Verbesserung erreicht worden zu sein.
Gemein haben beide Motoren außerdem, dass sie mit drei Sensoren arbeiten- sie messen Drehmoment an der Kurbel, Geschindigkeit und Trittfrequenz. Dadurch schaffen sie eine sehr harmonische Fahrweise. Ohne ruckeln und zuckeln- ich bin sehr gespannt, wie sich die Motoren in der Praxis machen (Fotos sind am Ende des Artikels).
Das gibt es als E-Rad?
Bisher war ich öfters mal nicht sicher, ob es bestimmte Räder nun nur von Bastlern für Bastler gibt, oder „serienmäßig“. Jetzt weiß ich: das meiste gibt es auch serienmäßig (nix gegen basteln!)- vanraam baut bspw. E-Räder mit denen einen Rollstuhl transportieren kann, oder nebeneinander E-Tandem fahren, von HP Velotechnik gibt es e-Trikes und auch E-Liegeräder sind kein Problem. Für Familien ist auch gesorgt, wie die E-Lastenräder bspw. von Utopia beweisen. Aber seht Euch einfach die Foto Galerie an…
Die Motorunterstützung eines E-Rads wird über Sensoren an das eigene Fahrverhalten angepasst. Es gibt im wesentlichen drei Sensorentypen: Drehmoment- oder Kraftsensoren, Bewegungssensoren (überprüfen Bewegung am Pedal) und Geschwindigkeitssensoren (zählen die Radumdrehungen).
Der Einsatz mehrerer Sensoren ist sinnvoll. Konzepte, die an der Sensorik sparen können zwar auch gut funktionieren, haben aber konstruktionsbedingte Einschränkungen. Dazu im Folgenden mehr.
Drehmomentsensoren (Kraftsensoren) messen die Kraft, mit der ins Pedal getreten wird, sie können auch die Trittfrequenz feststellen. Denn Immer dann, wenn die Pedale oben und unten stehen, ist der Druck auf dem Pedal sehr gering. Diese Tiefpunkte im Krafverlauf können erkannt und gezählt werden. Im Grunde beinhaltet ein Drehmomentsensor also einen Trittfrequenzsensor. Die Unterstützung des Motors kann sich an der Leistung des Fahrenden orientieren. Erhöht sich die Kraft wird mehr unterstützt. Die Motorunterstützung kann bspw. immer 50% oder 100% der Leistung sein. Die Kunst ist, die Motorsteuerung so zu programmieren, dass die Unterstützung einerseits ein direktes Fahrgefühl ergibt, also auf weniger oder mehr eigene Leistung direkt reagiert. Andererseits muss sie so verzögert sein, dass nicht bei jedem Tritt wenn das Pedalpaar oben und unten ist der Motor nachlässt.
Drehmomentsensoren werden entweder im Bereich des Tretlagers oder an den Ausfallenden des Rahmens (siehe Bild) angebracht. In der Regel bedienen sie sich der Hall-Sensor Technik, bei der die (vom Pedaldruck abhängige) Verschiebung einer Spule gegen einen Magneten eine messbare Spannung erzeugt. Wird ein Drehmomentsensor ohne einen Geschwindigkeitssensor verwendet, regelt der Motor in den kleinen Gängen früher ab. Grund: Die maximale Trittfrequenz bei der noch unterstützt wird, ist die bei, der im schwersten Gang die maximale Geschwindigkeit mit Motorunterstützung erreicht wird (bspw. 25 oder 45km/h). Nur wenn dazu ein Geschwindigkeitssensor verwendet wird, ist es möglich, auch in leichteren Gängen die maximale Geschwindigkeit, bei der der Motor noch unterstützt zu erreichen. Genau das ist der Unterschied zwischen Panasonic 26 Volt und den neueren 36 Volt Systemen (hier genauer beschrieben).
Viele Drehmomentsensor gestützte Systeme reagieren trotz gezogener Bremse auf Druck am Pedal bspw. wenn man an der Ampel steht und einen Fuss aufs Pedal stellt. Man spürt ein ruckeln. Je nach Qualität der Sensoren erkennt man bei festem Treten ein merkliches Nachgeben der Kurbeln, dieses „weiche“ Tretgefühl empfinden manche als störend.
Bewegungssensoren messen „nur“, ob und ggf. wie schnell in die Pedale getreten wird, nicht wie fest. Ein E-Rad, das einen Trittfrequenzsensor nutzt, wird entweder immer gleich unterstützen oder mehr, wenn schnell getreten wird (unabhängig vom eingelegten Gang). Häufig laufen Systeme mit dieser Sensorik nach, wenn man bereits zu treten aufgehört hat und verzögern am Anfang. Ein Trittfrequenzsensor System hat zusätzlich einen Geschwindigkeitssensor, um bei der richtigen Geschwindigkeit abzuriegeln.
Dadurch, dass die Sensorik nicht misst, wie fest ins Pedal getreten wird, ist die Unterstützung weniger direkt an die Leistung des Fahrenden gekoppelt. Das kann einem gefallen, bspw. weil man nur gemächlich im leichten Gang treten muss und der Motor gibt alles. Andererseits finden viele es unharmonisch. Die fehlende Direktheit ist beispielsweise bei e-Mountainbikes ein Defizit, denn im sportlichen Einstz ist Nachlauf und Verzögertes Ansprechen besonders störend.
Selten aber möglich: Manche Räder (ohne Rücktritt), die nur einen Bewegungssensor haben, können beim Schieben losfahren, weil die Pedale sich von alleine drehen. Das kann sehr gefährlich sein.
Geschwindigkeitssensoren messen die Geschwindigkeit und sind vor allem dafür gut, die Abriegelung des Motors bei 25km/h (normales E-Rad/Pedelec) oder max. 45km/h (schnelles E-Rad/S-Pedelec) zu veranlassen. Sie können aber auch komplexer in die Motorsteuerung eingebunden werden, viele Motoren regeln bspw. stufenweise ab, bevor die maximale Geschwindigkeit erreicht wird.
Ein Elektrofahrrad (häufig auch Pedelec genannt) braucht grob geschätzt 0,7 Kilowattstunden (kWh) Strom auf 100 Kilometer, also 7 Wattstunden (Wh) pro Kilometer (eine kWh entspricht in etwa einer Waschmaschinenladung oder sieben Stunden Fernsehen). Natürlich variiert der Wert stark in Abhängigkeit des jeweiligen Rads, der Fahrsituation, der Leistung der Fahrer*in und dem Gewicht, das transportiert wird. Bei den Tests von ExtraEnergy wurden in der Spitze wenn es bergauf geht auch mal über 20 Wh/km verbraucht. Geht es geradeaus liegt der Wert dagegen eher unter 5 Wh/km, beim Anfahren um die 10 Wh/km.
Mit dem derzeitigen Strommix in Deutschland liegen die Emissionen an Kohlendioxid (CO2) bei ca. 600 Gramm (siehe Angaben des UBA, Seite 2 des pdf – hier), d.h. ein Kilometer mit dem E-Rad erzeugt knapp 6 Gramm CO2.
Aus Umweltsicht sollte allerdings klar sein: Richtig gut ist ein E-Rad nur dann, wenn der Akku mit zertifiziertem, zusätzlich produziertem Ökostrom gefahren wird.
Beim Elektrofahrrad setzt der elektrische Motor ein, sobald in die Pedale getreten wird. Der Grad der Unterstützung lässt sich in Stufen einstellen, normalerweise sind es drei bis vier (die Unterstützung liegt bei 25 bis 200 Prozent). Ab einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern in der Stunde (km/h) schaltet sich der Motor automatisch ab, es sei denn es handelt sich um ein schnelles Elektrofahrrad.
Sie können das Rad aber auch ohne Motorunterstützung fahren.
Die meisten Elektrofahrräder im Handel können den Motor vom Antrieb entkoppeln und fahren sich dann fast wie ein normales Fahrrad. Sie sind allerdings ein paar Kilogramm schwerer.
Es gibt für Elektroräder drei gängige „Antriebskonzepte“, die sich darin unterscheiden, wo der Elektromotor untergebracht ist: Vorderradantrieb, Hinterradantrieb und Mittelmotor (der Motor sitzt mittig an der Kurbel).
Keine der drei Varianten ist eindeutig die beste. Alle haben Vor- und Nachteile. Wichtige Unterscheidungen sind, dass der Vorderradantrieb sich problemlos mit einer Rücktrittbremse kombinieren lässt. Es gibt aber auch Mittelmotoren, die eine Rücktrittbremse zulassen. Wer also unbedingt eine Rücktrittbremse möchte, ist bei der Wahl des Antriebs festgelegt – entweder ein Vorderradantrieb, oder ein Rad mit Mittelmotor der sich mit einer Rücktrittbremse kombinieren lässt.
Der Vorderradantrieb lässt sich auch mit allen Schaltungen kombinieren. Da Vorderradantriebe am leichtesten zu verbauen sind, sind die einfachsten E-Räder häufig damit ausgestattet. Mehr zu Frontantrieben:
Ein Hinterradantrieb kann in aller Regel nur mit einer Kettenschaltung, kombiniert werden (Hinterradantriebe sind häufig recht kräftig und arbeiten gleichmäßig), von BionX gab es eine Weile einen Antrieb mit einer im Motor integrierten drei-Gang Nabe, bspw. verbaut bei GRACE. Aie wird aber heute nicht mehr verwendet. Denkbar ist auch die Kombination mit einer Tretlagerschaltung wie der Pinion. Ein Vorteil des Heckantriebs ist, dass im Vorderrad ein Nabendynamo verbaut werden kann. Ein Rücktritt ist bisher nicht möglich. Mehr zu Heckantrieben:
Mittelmotoren sind aufwendiger, da sie einen speziellen Rahmen benötigen, die Aufnahme für den Motor muss bei den gängigsten Herstellern in der Nähe des Tretlagers vorgesehen sein. Ausnahme sind Antriebe, die auf die Tretlagerachse aufgesteckt werden (etwa Binova oder einige Nachrüstantriebe, wie der Sunstar). Deshalb sind Mittelmotoren in den unteren Preislagen selten vertreten. Ein Mittelmotor lässt sich mit allen gängigen Schaltungen außer Tretlagerschaltungen wie Pinion und einem Nabendynamo im Vorderrad verbauen (näheres auch unter Tipps zum Kauf hier).
Unabhängig von der Art des Antriebs kommt es vor allem darauf an, wie harmonisch und direkt die Steuerung des Motors geregelt ist. Das hängt von der Sensorik mit der die Pedal-Bewegung registriert wird ab: Je direkter die Sensorik auf das Treten reagiert, desto weniger Verzögerung hat der Antrieb. Wichtig ist auch die Programmierung des Controllers, der die Motorsteuerung übernimmt. Ein gleichmäßig gesteuerter Motor fährt sich angenehmer, als einer, der ruckartig unterstützt und abbricht.
Sensorik und Controller-Steuerung sind Qualitätsmerkmale, die man am besten durch Probefahrten testet. Also vor dem Kauf unbedingt mehrere E-Räder, am besten mit unterschiedlichen Antrieben testen!