E-Rad Hafen Homestory Nr.5: Alltag mit dem schnellen Kalkhoff Endeavour

Von Markus Dick

Seit meiner Kindheit bin ich viel mit dem Fahrrad und wenig mit dem Auto unterwegs. Als Student fuhr ich mit dem Rad sogar über Alpen und Pyrenäen. Meine Familie lebte lange aus Überzeugung ohne Pkw. Heute haben meine Frau und ich einen Kleinwagen, da manches in Brandenburg kaum anders zu machen ist – dennoch, ich würde für die wenige Anlässe lieber einen Mietwagen nehmen und die Kiste abschaffen, das ist aber leider Minderheitenmeinung in meiner Familie.

Fairerweise muss man sagen, dass fast alle in der Familie zwei Räder besitzen und niemand mit dem Auto zur Arbeit fährt. Ich selbst besitze 4 Räder: Ein Stadtrad für den Alltag, ein Faltrad für Reisen mit ICE oder ähnlich, ein bequemes, stabiles vollgefedertes Reiserad für Urlaub und Ausflüge sowie nun das schnelle E-Rad zum Berufspendeln von Falkensee nach Potsdam. Ich gehe auf die 50 zu, mache aber relativ viel Sport, sodass ich nie auf die Idee gekommen wäre, ein Pedelec (bis 25 km/h) als Fahrradersatz zu kaufen, bevor ich in Rente bin.

S-Pedelec als Autoersatz

Ein Speedbike als Auto-Ersatz zum Berufspendeln bis 60 km zumindest von März/April bis September/Oktober schien mir jedoch eine gute Alternative zum unbequemen und unzuverlässigen ÖPNV von Falkensee/Dallgow nach Potsdam. Ferner hat man einen guten sportlichen Ausgleich zum „Schreibtischtätertum“ im Büro und ist an der frischen Luft. Eine kurze Probefahrt mit dem Speedbike vom lokalen Fahrradladen meines Vertrauens in Falkensee („Fahrradland“) hat mich dann gleich vom Fahrkomfort und -feeling begeistert.

Die Standardausstattung ließ ich wie folgt nach meinen Wünschen ändern:

  • Ausstausch der auf Gewichtsreduktion getrimmten Reifen gegen unplattbare Reifen. Mir war Pannensicherheit wichtiger als Gewicht.
  • Austausch der ungefederten Sattelstütze gegen eine gut gefederte, da der Weg zur Arbeit nicht nur aus glatter Fahrbahn besteht.
  • Austausch des Sattels gegen einen weniger sportlichen und dafür komfortableren.
  • Ich wollte noch einen Nabendynamo einbauen lassen, weil es mir unsinnig erschien, den Strom für’s Licht auch noch vom Akku abzuzwacken. Die Mehrkosten dafür und einige Physik-Experten überzeugten mich aber davon, dass Aufwand und Nutzen wohl in keinem sinnvollen Verhältnis gestanden hätten.

Das Endeavour in der Praxis

Nun zu meinen Erfahrungen mit dem Kalkhoff Endeavour BS10 Herren TrekkingBike (Speed-Bike):

Es ist gut verarbeitet und verfügt über hochklassige Komponenten, die man bei einem Rad von ca. 3.000 Euro auch erwarten darf, die hydraulischen Scheibenbremsen sind stark und sicher bei jedem Wetter. Die Beschleunigung des Bosch-Antriebs ist gut, das Fahrgefühl ist wie mit einem normalen Rad (wegen Mittelmotor), nur eben schneller. Der Rückspiegel hat sich als nützlichere, bequemere und sichere Sache rausgestellt als ich anfangs dachte. Ich sah darin zu Beginn nur das Risiko, dass er schnell kaputt geht, wenn das Rad mal umfällt. Da man innerstädtisch aber keine Radwege benutzen darf und Gottseidank auch nicht muss, ist der Spiegel sehr nützlich, da sich viele Autofahrer, die von hinten überholen wollen, nicht an das Abstandsgebot halten und einen häufig gefährden. In puncto Familieneinkauf, konnte ich nach Anbringen einer Anhängerkupplung, meinen Roland-Anhänger benutzen und damit, zum nicht mal 2 km entfernten Supermarkt radeln und mehr einladen, als die meisten Leute mit Ihrem Auto einkaufen. Ohne Schwitzen geht es dann gemütlich und trotzdem schnell nach Hause.

Kritik und Verbesserungspotenzial

Allerdings gibt es auch ein paar Dinge, die sich als negativ heraus gestellt haben: Die Klingel ist unbrauchbar. Klingelt so unhörbar, dass die Leute das erst wahrnehmen, wenn man fast in sie reingefahren bist. Fairerweise muss man sagen, dass ein Tausch gegen andere nach der anachronistischen Verkehrsordnung zugelassene Klingeln auch nicht hilft, weil man bei 45 km/h Geschwindigkeit eben weiter und früher gehört werden muss, als dass mit den „legalen“ Klingeln geht. Ich habe mir jetzt eine „hörbare“ Klingel zugelegt, mehr dazu will ich hier nicht sagen. Auf längeren Pendelfahrten wären Lenkerhörnchen praktisch für den häufigeren Wechsel der Griffposition. Das kollidiert etwas mit dem angebrachten Spiegel. Da sollte die Fahrradindustrie sich nochmal was technisch besseres einfallen lassen. Habe das jetzt nachgerüstet, ist aber noch nicht optimal.

Ich wollte gelegentlich den Anhänger an das E-Bike hängen. Das ging leider erst einmal nicht, weil der Sattelschaft so niedrig ist, dass man die Stange vom „Roland“ (Anhänger) über den Gepäckträger nicht an die Kupplung kriegt. Nun musste ich mir erst eine alternative Kupplung von Roland kaufen, die in der Mitte des Sattelrohrs befestigt wird. Das scheint mir aber weniger sicher und stabil für das Ziehen eines Hängers mit Zuladung bis 50 kg.

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Akku und Reichweite

Der ca. 600 Euro teure Akku von Bosch soll bis ca. 140 km auf der niedrigsten Stufe (Eco) und 1000 Wiederaufladungen halten. Es gibt 4 Stufen der Unterstützung: Eco, Touring, Sport und Turbo. Eco braucht man aus meiner Sicht ich eigentlich nie, weil man bei der Unterstützung nur Geschwindigkeiten erreicht, die man als normal trainierter Mensch auch mit einem normalen Rad schafft. Touring ist gut für den Stadtverkehr, aber dort kann man es i.d.R. nicht sinnvoll nutzen: Zu schnell und verboten auf Radwegen und zu langsam auf der Straße (Drängeln und hupen der Autos, wenn es mal eng wird). Ich benutze quasi nur den Sport-Modus. In diesem reicht der Akku für 30-40 km (je nach Temperatur und Wind). Also von zuhause bis ins Büro. Daher habe ich ein zweites Ladegerät (15 Euro) im Büro deponiert, das den Akku in ca. 3,5 Stunden wieder voll auflädt, so dass ich wieder gut zurück nach Hause komme.

30 Kilometer in weniger als einer Stunde

Wenn ich im Sport-Modus so reintrete, wie ich das mit einem normalen Rad machen würde, fahre ich fast einen Schnitt von 40 km/h und bin in 45-60 min von Falkensee nach Potsdam gefahren (je nach Wetter und Wind). Schneller geht es mit dem Auto (im Berufsverkehr) auch nicht, wenn man nicht direkt vor dem Büro parken kann (was in Potsdam so ist). Der Turbo-Gang ist eine Mogelpackung. Im Sport-Gang komme ich bei sportlichem Tritt auf gerader Strecke auf 42 km/h, im Turbo-Gang auf 43 km/h. Den Unterschied merkt man also überhaupt nicht. Meiner Meinung nach ist hier die Drosselung/Bremsung von Bosch falsch eingestellt.

Ich lernte, dass die Uhrzeit im Tacho nur gestellt werden kann, in dem die Fahrradwerkstatt mit einem Spezial-USB-Kabel von Bosch mit einer Spezial-Software in deren Computer die Zeit einstellt. Ich halte das für einen schlechten Witz! Erinnert an schlechte Beispiele in der Autoindustrie, d.h. dass man kaum noch mechanisch etwas selbst reparieren kann und immer gleich in die Werkstatt zum Mechatroniker muss und die Folgekosten explodieren. Ich hoffe, überzeugte Radfahrer sind hier kritischer als der Durchschnittskäufer von Autos und beinflussen die Entwicklung in kundenfreundlichere Richtungen.

Insgesamt bin ich mit dem E-Bike dennoch sehr zufrieden. Weitere Anmerkungen zu gesetzlichen Regelungen in Bezug auf E-Bikes sowie Erfahrungen auf der Piste beim Berufspendeln zwischen Falkensee und Potsdam folgen.

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8 comments

  1. Hallo!

    Danke für den umfangreichen Testbericht!

    Mich würde interessieren, wo Du ein zweites Ladegerät für 15 Euro bezogen hast?? Das hätte ich auch sehr gern ;-). Nachdem ich einige Zeit ein Kalkhoff Pro Connect S (2011er) fuhr, freue ich mich nun auf ein 2014er „Auslaufmodell“ des Endeavour BS10, das nächste Woche – aus dem Abverkauf sehr günstig erstanden – geliefert wird. ein zweites Ladegerät werde ich bei 30km Arbeitsweg vermutlich weiterhin brauchen. Im weltweiten Netz kosten diese jedoch 130-170 Euro (???).

    Noch zwei Hinweise: gefederte Sattelstützen sind bei S-Pedelecs ebenso nicht zugelassen wie Anhänger. Da würde ich auch der Sicherheit den Vorrang geben, denn Federsattelstützen verkürzen den Abstand zwischen Sattel und Tretlager, schlecht für Beingelenke UND für die Fahrsicherheit, zumindest bei über 40km/h. Dann doch besser ein vollgefedertes R&M kaufen!

  2. Ich bin eine Weile von Dortmund nach Iserlohn etwa 1x/ Woche im Durchschnitt mit einem Flyer Speedbike (Flyer S 26 Zoll Rohloff) gefahren. Das sind etwa 27 bis 30 Km je nach gewählter Strecke gewesen. DAs Ganze ist ziemlich bergig und daher auf dem Hinweg nicht unter einer Stunde zu schaffen gewesen – was nervt. Mehr als eine Stunde wird gefühlt lästig, ausserdem ist man mit dem Auto oft in der Hälfte der ZEit zuhause gewesen. Dennoch – hat LAune gemacht. Einen Kapazitätsverlust habe ich schon gemeint zu spüren. Hin und zurück war nicht drin, bei weitem nicht. Es ist aber auch eine bergige Geschichte.
    DAs Endeavour hat serienmässig einen USB-Anschluss? Cool!
    @Hans: Du musst eher das Iphone überreden! Wenn gar nichts geht häng einen Pufferakku dazwischen, das klappt (z.B. Powerguy DX2200, damit kann ich mein Iphone über den Nabendynamo laden bzw betreiben, also ksollte es auch bei gleichmässigem Zustrom wie vom E-Bike-Akku klappen).

  3. Hallo, fahre das Endeauvor seit einem Jahr und nutze es hauptsächlich für meine Cachetouren. Bin bis jetzt rundum zufrieden mit dem Rad. Die Klingel ist wirklich nicht der Bringer, da wäre was lauteres schon vernünftig. Auch finde ich sehr schade das bei der Beleuchtung, die exzellent ist, leider keine Tagesleucht LEDS verbaut sind. Es läuft super leicht und ist wirklich flott, die Schaltung ist exakt und zuverlässig. Die Bremsen lassen sich wohl dosieren. Verstehen kann ich aber nicht warum nicht standardmäßig ein Felgenschloss verbaut ist. Auch ist es ein Unding um die Gesamtkilometer ablesen zu können, dass man zwei Tasten am Controller gleichzeitig drücken muss. Den USB Ausgang konnte ich auch noch nicht überreden als Ladebuchse für mein Phone zu nutzen.
    Der Fahrspass macht die Mankos wieder wett.

  4. Zeit kann man selbst anderen; reset und „i“ taste gleichzeitig eindrucken
    Fahr jeden tag 2×45 km zur arbeit nach 1 monat hinterfelg erzetst durch bessere

  5. Hallo Wolfram, bin nicht so der „Mess-Freak“. Da ich im Durchschnitt nur 2x die Woche zur Arbeit fahre (Rest Home-Office), brauche ich also pro Jahr (3o Wochen x 4 Ladungen = 120 Ladungen pro Jahr). Da sollte der Akku also 7-8 Jahre halten. Bis jetzt habe ich noch keine Kapazitätsverluste bemerkt. Wie gesagt, den Unterschied zw. Sport- und Turbo-Modus kann ich nicht erkennen/bemerken.

  6. Hallo Markus, du kommst ja so schnell auf viele Ladungsvorgänge. Führst du Protokoll darüber? Merkst du schon Verschleiß von Akkukapazität? Es gibt darüber keine wirklichen Untersuchungen. Vielleicht könnte man aus deinen Erfahrungen was ableiten. Der Fachhändler kann Werte auslesen (Restkapazität, Ladezyklen). Diese in Relation zu deinen Fahrstrecken zu setzen wäre schon interessant.
    Den Turbomodus nutze ich auch nicht. Der ist wohl eher für sportlichen(?) Einsatz gedacht, um am Berg noch das letzte Bisschen Beschleunigung rauszuholen.

    Weiter viel Spaß beim Boscheln (so heißt das bei uns), Wolfram

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