Der zweite StiWa Pedelec Test wurde heute morgen auf einer Pressekonferenz vorgestellt – mit deutlich mehr negativen Befunden als 2011. Das ist erstaunlich denn der Test fand unter den gleichen Bedigungen wie vor zwei Jahren statt (mehr zu den Testbedingungen beim VCD, zum ersten Stiwa Test der Bericht des E-Rad Hafens, hier). Neben dem Fahrtest (Die Teststrecke sind 8,5 Kilometer, es fuhren sieben Tester_innen 2 Frauen, 5 Männer) ist vor allem die Prüfung der Dauerfestigkeit von Rahmen und anderen tragenden Bauteilen entscheidend für das Testergebnis, simuliert werden 20.000 Kilometer Betrieb. Getestet wurden 16 Komforträder mit tiefem Durchstieg. Vier Räder hatten einen Frontmotor, der Rest Mittelmotoren.
Aufgrund der vielen „mangelhaft“ Bewertungen mit Brüchen (3x Lenker, 1xRahmen und 3x Gabelanriss) folgender Hinweis: Die Lenker wurden auf meine Nachfrage ordentlich mit Drehmomentschlüssel angebracht, die Befestigung wurde im Dauertest außerdem regelmäßig nachgezogen. Alle Brüche, also auch der Rahmenbruch beim Flyer, wurden nach dem ersten Bruch an einem zweiten E-Bike getestet – mit gleichem Ergebnis. Von 16 Rädern setzte es ganze 9 Mal „mangelhaft“, hier zu den Begründungen en Detail:
Neun Mal „mangelhaft“
Alle drei „billig Räder“ – Leviatec (Akku funktionierte nicht, laut Hersteller waren alle Akkus der Serie nicht funktionstüchtig, dazu diverse Brüche an Bauteilen), Fischer (Gabelanriss, schlechte Bremsen und geringste Reichweite im Test – trotz zweier Akkus) und NORMA Top Velo (Gabelanriss, schlechte Bremsleistung, schlechte Reichweite und verzögerter Antrieb) fielen durch. Ebenso fiel das Rad des Herstellers des letzten Testsiegers Kreidler durch (Lenkerbruch nach 9000 Kilometern) genau wie KTM Macina Eight (Lenkerbruch sonst gute Bewertung), Sinus B3 8-G (Lenkerbruch, sonst gute Bewertung), Flyer C5R Deluxe (Rahmenbruch am Ausfallende), Victoria Assen (schlechte Bremsen, wenig Reichweite) und Raleigh Impulse iR HS (sendete so extreme elektromagnetische „Störwellen“ aus, dass die Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Rettung massiv gestört werden können).
Sieben mal zwischen „ausreichend“ und „gut“
„ausreichend“ bekamen Kalkhoff Impulse Premium i8R und Pegasus Premio E8, die den elektromagnetischen Grenzwert ebenfalls geringfügig überschritten.
Lediglich zwei Modelle (E-Courier SX von Stevens und Obra RT von Kettler) erhielten ein „gut“, drei weitere „befriedigend“ (Giant Twist Elegance C1 28‘‘, Winora C2 AGT mit Frontantrieb und das Hercules Tourer 8 Pro mit sehr langer Ladezeit).
Weiteres
Die Spanne der erzielten Reichweite lag über alle getesteten Modelle hinweg zwischen 25 und 75 Kilometern. Die Modelle von Kalkhoff und Raleigh erreichten eine Reichweite von 75 Kilometer, fielen allerdings wie gesagt durch ihre elektromagnetische Wirkung negativ auf. Nur 25 Kilometer schaffte das Fischer E-Rad – trotz der zwei Akkus.
Forderungen der StiWa
StiWa fordert 50 Kilometer Reichweite als Minimum und eine zuverlässige Restreichweiten Anzeige (soll heißen nicht spannungsbasiert). Ladezeiten für Akkus streuten von 2,5h Giant Twist Elegance C1 28‘‘ (bzw. alle Rädern mit Bosch-Antrieb) bis 12h (Hercules Tourer 8 Pro, das ein „befriedigend“ bekam), hier fordert die StiWa eine maximale Ladedauer von 3,5h (mehr zu Akkuladezeiten in dieser e-Rad Hafen FAQ).
Was heißt das für den Markt?
Auf alle Fälle sorgt dieser Test für extrem schlechtes Presseecho – und auch wenn einiges arg extrem dargestellt wird, haben sich die Hersteller das allem Anschein nach selbst zu zu schreiben, die betreffenden Stellungnahmen werden weiteres ergeben. Natürlich werden die meisten „Komfort“-Radler_innen nicht so starke Belastungen auf den Lenker bringen wie der Prüfstand im StiWa Test, schon allein wegen der aufrechten Sitzposition. Und klar sollte man Lenker im Idealfall alle zwei Jahre austauschen. Trotzdem sollten Lenker nicht brechen.
Mit dem Raleigh Impulse (Derby Cycle) und dem C-Flyer (Biketec) sind außerdem Räder der beiden größten Marken im guten mittleren Preissegment betroffen, das wird Verbraucher_innen zusätzilch verunsichern. Man kann nur hoffen, dass die Hersteller sich den Test zu Herzen nehmen und bei Rädern die gut 2000 Euro kosten lieber mal ein paar Euro mehr in lebenswichtige Bauteile stecken. Zudem bemängelte die StiWa zurecht, dass viele Räder mit 120kg zulässigem Gesamtgewicht kaum Zuladung vertragen und betreffende Angaben in den Bedienugsanleitungen häufig nicht sauber erklärt sind, das gilt auch für das Fahrzeuggewicht. Dazu kam noch das schlechte Abschneiden der mechanischen Bremsen und die ungenauen Reichweitenanzeigen.
Leider kam es bei diesen ganzen Problemen kaum zur Sprache, dass ein großer Teil der E-Räder sich sehr angenehm fährt. Aber wie schon das gesagt: Daran haben die Hersteller erst ein mal selbst Schuld.
Stellungnahmen der Hersteller
- Derby Cycle erklärt in einer Pressemitteilung, dass elektrische Strahlung korrekt getestet wurde
- Hier die Stellungnahme der Biketec AG Auf Anfrage wurde mir mitgeteilt, dass die C-Flyer seit gut 10 Jahren im 5-stelligen Bereich verkauft wurden und keine Brüche am Ausfallende aufgetreten sind.
- Statement von Winora zu Sinus B3 und Winora C2 AGT
- Statement von Bosch zur (nicht)-UN-T Konformität der Bosch-Akkus
- Pressemitteilung des VSF zu den Testmethoden der StiWa
- Pressemitteilung des ZIV zum Test
Bilder
[portfolio_slideshow]
Mehr e-Rad Hafen zu Test & Technik
- Nachklapp zum Test: Mehr Extrem als Alltag
- Stiftung Warentest Test 2011
- Auch 2011 gab es von ADAC und GDV zweifelhaftes zu „E-Rad Gefahren“
- Probleme mit E-Rädern – Pedelecs und Pannen?
- Bosch, Panasonic und Impulse – Mittelmotoren im Vergleich
- Infos zu AEG und Yamaha direkt von der Eurobike 2012
- Heckmotoren BionX, Alber (Xion, GreenMover), Panasonic und GOSwiss Drive im Vergleich
- Neue Frontmotoren bei BionX und der Accell Gruppe
- Details zum Systemwechsel bei Panasonic (26 zu 36 Volt Motor)
- Traumkombination: NuVinci Schaltung und Mittelmotoren
e-Rad Hafen zum Thema Radpolitik
- Sinn und Unsinn der 250 Watt Regelung für Pedelecs
- Bericht vom Nationalen Radverkehrskongress 2013
- Fahrradfahren in Holland und Deutschland – Radkonferenz in der holländischen Botschaft
- Für eine ganz andere (E)-Fahrradpolitik
- Pedelecs und Klimawirksamkeit
- Memorandum zur dänischen Ratspräsidentschaft
- Potential von Pedelecs fürs Pendeln
- Zur Helmfrage aus öknomischer Sicht