Mittelmotoren sind hoch im Kurs, denn sie bieten eine Reihe von Vorteilen. Beispielsweise lassen sie sich mit fast allen Schaltungen kombinieren, profitieren vom Schalten der Fahrenden in puncto Effizienz und frau* muss bei einem Platten nicht den Motor ausbauen.
Ob Kette oder Nabe: Die Schaltung ist bockig!
ABER: ein paar Nachteile haben die meisten Mittelmotoren dennoch. Zum Beispiel, dass sie relativ laut sind, oder dass sie in der beliebten Kombination mit einer einfachen Nabenschaltung wie der Nexus von Shimano unter Last sehr schwer schalten. Bei Kettenschaltungen erhöht sich die Belastung der Kette deutlich: Der Kettenzug an der häufig schräge gestellten Kette steigt und besonders bei Schaltvorgängen wird der Verschleiß erhöht. Daher muss diese dann häufiger ausgetauscht werden. Ein Ausweg daraus ist die stufenlose NuVinci Nabenschaltung – das habe ich hier beschrieben.
Ein Schaltwerk, dass dem Motor etwas mitteilt
Eine andere Möglichkeit ist, dass der Motor erkennt, dass die Fahrerin schalten möchte und dass er dann den Zug reduziert. Einige Antriebe bspw. der Impulse Motor können das inzwischen, auch bei Bosch, Brose und Yamaha ist mit einer solchen teschnischen Lösung in Zukunft zu rechnen.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Blogeintrag versuchsweise auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet – es bleibt allerdings mal bei der weiblichen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für alle Menschen.
Optik zuerst: Beim Design sind die Hersteller in diesem Test ganz auf Nummer sicher eingeschworen – so viele Grautöne, alles zwischen ocker, weiß und schwarz habe ich selten gesehen. Bis auf zwei Räder waren alle höchstens mit einigen Farbakzenten an ausgewählten Bauteilen gesegnet. Für meinen Geschmack wären ein paar mehr farbliche Akzente eine gute Sache – aber möglicherweise sind die Testräder nicht repräsentativ.
Antriebe, Qualität der Teile und Fahreingenschaften der Räder
Die meisten Räder fuhren sich gut, egal ob Frontler, Mittel- oder Heckmotor, nur wenige Räder schienen noch im Beta-Stadium zu sein. Nachdem im Herbst-Test sehr viele Mittelmotoren vertreten waren, war in diesem Ensemble die Verteilung von Vorderrad-, Hinterrad- und Mittelmotoren deutlich ausgeglichener. Neben den lautlosen Naben-Direktläufern von ION, dem etwas gedrosselt wirkenden BionX, Ultramotor und GreenMover waren auch wieder eine ganze Reihe Getriebemotoren dabei. Teils verfügten sogar diese über eine „gute“ Steuerung, teils wiesen sie wegen der Kombination mit Bewegungssensoren die typisch verzögerte Reaktion auf das Fahrverhalten des Fahrerenden auf. Das mag Geschmackssache sein, aus meiner Sicht stört es die Harmonie beim Fahren – das liegt nicht nur an der Verzögerung, sondern auch daran, dass ein Bewegungssensor-System die Motorleistung nicht oder kaum an die Leistung des Fahrers anpasst (mehr dazu hier).
Schaltungen
Bei den Schaltungen findet man große Unterschiede allerdings in der Mehrheit gute Qualität. Einige Räder mit Mittelmotor und Nexus-Nabenschaltung hakten an Steigungen, dieses Problem taucht allerdings vor allem bei nachlaufenden Motoren auf – und da hat das Sorgenkind aus dem letzten Test, der 36V-Panasonic Antrieb die Einstellung offenbar verbessert. Der Nachlauf wurde deutlich reduziert. Die Traumkombination NuVinci und Mittelmotor offenbarte aus meiner Sicht eine kleine Schwäche – die Daumenschaltung lässt sich unter Last teils nur sehr schwer verstellen (von Rad zu Rad unterschiedlich, mehr zum Thema NuVinci hier). Die größte Dynamik liefert eine gute Kettenschaltung kombiniert mit dem Boschantrieb (mehr zum Bosch hier) – nebenbei: Einige E-Räder sind mit Kettenschaltungen mit über 20 Gängen ausgestattet – aus meiner Sicht ist das für fast alle Anwendungen vollkommen übertrieben und stört eher. Eine gute 9-Gang XT würde ich jederzeit als sinnvoller erachten. Bei Vorderrad-Motoren stellt sich das Problem der hakenden Nabenschaltugen nicht so sehr, allerdings ist es auch hier ratsam eine gute Schaltung zu wählen, wenn einem schalten ohne Verzögerung wichtig ist.
Bremsen
Bei den Bremsen musste ich das eine oder andere Mal staunen, unter zahlreiche ausgezeichnete hydraulische Scheiben- und Felgenbremsen mischten sich einige Räder mit Rollenbremsen, diese hatten sehr unterschiedliche Qualität, einige erforderten erhebliche Handkraft zum Bremsen. Andere Räder hatten einen Rücktritt und (nur) eine Handbremse, das fühlte sich teils etwas gewagt an. Die Krönung war ein Rücktritt, der über eine Schubstange eine Rollenbremse betätigt. Krönung deshalb, weil sich diese Bremse unter längerer Last stark erhitzte und dann gar nicht mehr bremste! Mit der einsamen V-Brake am Vorderrad war das Abbremsen dann eine Zitterpartie! Also: Augen auf beim Bremsenkauf – ruhig mal eine lange Abfahrt runter fahren und sehen was die Bremsen mit Hitze anfangen.
Fazit
Trotz einiger Aureißer, man kann als e-Rad-Käufer_in bei den meisten Rädern beruhigt zu greifen, es gibt viele sehr gute Räder in fast jeder Fahrzeugklasse. Allerdings sollte man sich vorher etwas mit der Materie befassen, zum Thema Bremsen-Ausstattung, Schaltungen und Antriebe sollte man in etwa wissen, was man möchte. Informieren kann man sich bspw. hier im e-Rad Hafen oder mit einem der zahlreichen E-Rad Fachmagazine. So bekommt man eine Idee, was man fürs Geld erwarten kann und vermeidet mögliche Fehlkäufe. Selbstredent bleiben ausführliche Testfahrten absolute notwendig.
Wieder eine E-Rad Hafen Quizfrage
Warum hat der Bosch Antrieb einen „An und Aus“ Knopf am Akku (laut Aussage eines Bosch Mitarbeiters)?