Merkel, Wahlkampf, neue Antriebe – die Eurobike 2013

Auf ein Neues – heute geht es los mit der weltgrößten Fahrradmesse, der Eurobike in Friedrichshafen. Die Hallen werden wieder aus allen Nähten platzen und es wird auch dieses Jahr viel um E-Räder gehen, und vielleicht auch wieder ein bisschen mehr um Lastenräder. Der ADFC hat heute früh bereits einen Tech Talk zum Thema veranstaltet.

Allerdings wird zunächst alles von Angela Merkels Besuch heute um 14 Uhr überstrahlt. Die derzeitige Kanzlerin ist bisher nicht sonderlich aufgefallen, wenn es ums Rad geht (Eine kurze Internetrecherche liefert einen Sturz mit dem Rad 2004und an sie geschenkte Räder aus Münster und von Derby Cycles. Trotzdem, heute wird sie im Mittelpunkt der Fahrradwelt sein. Dass eine Kanzlerin auf der Eurobike auftaucht ist erfreulich – genauso wie der Auftritt von Peter Ramsauer auf dem Nationalen Radkongress in Münster (siehe e-Rad Hafen Bericht hier). Das Thema Fahrrad ist im Wahlkampf offenbar bedeutend genug geworden. Na wer sagt’s denn? .

Ähnlich wie Ramsauer hat auch Merkel die wohlklingenden Floskeln á la „Fahrrad = Klimaschutz – Elektroräder = große Chancen + Gesundheit = Zukunft + große Bedeutung“ gelernt und ebenso wie bei ihrem Kollegen heißt das für die politische Realität nicht viel: Feste Zusagen und Zielvorgaben werden nicht gemacht und der Hinweis auf Verkehrsregeln, die Radfahrende einhalten sollen wird nicht fehlen. Wer es genauer wissen will sehe sich das Statement der Kanzlerin zur Eurobike online an. Es ist erstaunlich, wie schlecht informiert Frau Merkel in diesem Statement wirkt, man hat ihr offensichtlich nicht einmal mitgeteilt, dass das wichtigste fahrradpolitische Dokument der letzten und der nächsten Jahre der „Nationale Radverkehrsplan 2012-2020“ (NRVP) ist und dass es einen „Nationalen Radwegeplan“, den sie benennt, nicht gibt. Letzteres wäre in der Tat etwas völlig anderes, da es konkrete Bauvorhaben enthalten müsste, etwas das dem NRVP, wie vieles andere komplett fehlt.

Riese und Müller steigt aus – neues im E-Rad Bereich

Das hat mich dann doch überrascht: riese und müller steigt aus dem klassischen Fahhradbereich aus und wird nur noch E-Räder und Falträder herstellen! Das ist eine sehr klare Ausrichtung und belegt, dass man an den Trend E-Mobilität im Fahrradbereich glaubt. „Wir stehen am Start nicht auf dem Hochpunkt der Entwicklung bei den E-Bikes“ sagte Tobias Spindler heute früh zur Entscheidung des Herstellers.

Den Trend kann auch ein Test der Stiftung Warentest-Test mit seinen zweifelhaften Methoden und der reißerischen Pressearbeit danach nicht gefährden (mehr dazu hier) – zu gut funktionieren die meisten E-Räder, zu hoch ist die Kundenzufriedenheit. Derby Cycles Chef Seidler spricht dennoch von rund 50 Mio. Verlust der Branche in Deutschland durch den Test – das klingt viel, es entspricht etwa 20.000 Rädern oder 5% des Jahresumsatzes (Prognose für 2013 ist 430.000 verkaufte E-Bikes). Ich denke, die Auswirkungen sind noch geringer. Die Aussage Seidlers, man wolle nicht klagen, sondern den Dialog mit der Stiftung suchen, finde ich gut.

Viele Neue Antriebe

Neben dem politischen Geschehen ist die Branche emsig am entwickeln neuer Produkte, über den neuen Bosch und Panasonic habe ich bereits geschrieben. Heute abend tetste ich den neuen Impulse Motor, hoffentlich als schnelle Version. Continental kommt auch mit einem Mittelmotor in den Markt und es könnte noch ein weiterer kommen, einer der letztes Jahr kurz vor dem Ziel doch nicht präsentiert wurde… Auch bei den Heckantrieben gibt es Neuigkeiten, bspw. einen BionX Antrieb (siehe Schnappschuss unten), der etwa die größe einer LP-Schallplatte hat, dafür aber deutlich dünner ist, als andere Direktläufer. Still geworden ist es dagegen um den AEG Antrieb, der letztes Jahr mit großem Aufwand vorgestellt wurde: Der Inhalt der AEG-Homepage ist gelöscht und sie ist „under construction“…

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Mehr e-Rad Hafen

OpenSource Lastenrad – Besuch im Gängeviertel in Hamburg

Einen Fahrradrahmen bauen – dazu muss man schweißen, braucht eine teure Werkstatt und jede Menge Expert_innenwissen. Richtig? Oder vielleicht doch nicht?

Ganz und gar nicht! Mit einem Haufen Aluprofile einer geeigneten Säge, einer Standbohrmaschine und der passenden Anleitung können Anna, Arthur oder Luca (oder sonstwer) einen Fahrradrahmen, dazu noch für schwere Lasten, selbst bauen. Und die sehen auch noch cool aus. Die Anleitung dafür ist OpenSource und wurde von der Gruppe N55 in Kooperation mit Till Wolfer entwickelt. Sie ist auf der Webseite www.n55.dk und auf der Webseite der Werkstatt Lastenrad kostenlos und frei verfügbar, letztere mit Fotos und weiteren Details zu Materialpreisen und Bauzeit.

3/2014: Hier ein Interview mit Till auf der Beliner Fahrradschau, wo das zweite xyz Modell präsentiert wurde.

Komm in die Gänge!

Wer das ganze mal „in Natura“ sehen will, der oder die kann derzeit Till Wolfer aus Hamburg in seiner offenen Werkstatt im Club Meta im Hamburger Gänge Viertel besuchen. Nach Absprache bietet Till dort in den nächsten Wochen neben der Ausstellung auch an, das Bauen eines der XYZ Spaceframe im Rahmen eines Workshops zu begleiten. Also „Kommt in die Gänge“ und eignet Euch die Produktion eines vollwertigen Cargobikes selbst an!

Und wie sieht das aus? (die besten Bilder zum Schluss!)

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Und wie fährt es sich?

Ich bin das Rad kurz Probe gefahren – das Teil ist mit ca. 30 Kilogramm relativ leicht und fährt sich gut. Der Rahmen fühlt sich ziemlich steif an, anders als manch dreirädrige Lastenrad mit Front-Kiste, das ich in letzter Zeit so gefahren bin. 150 Kilogramm Zuladung nebst Fahrerin sind kein Problem. Die Lenkung ist anders als bspw. bei den Christiania Bikes, bei denen man gleich die ganze Kiste lenkt: Beim xyz werden nur die beiden Laufräder vorne gelenkt, die Ladefläche steht still. Dadurch fühl sich das Lenken etwas direkter an, allerdings ist auch der maximale Lenkeinschlag stärker begrenzt. Zu den Kosten: Materialkosten mit Gebrauchtteilen im Selbstbau: 250-400Euro, mit Neuteilen etwa das doppelte. Das teuerste sind die Laufräder, der Rahmen mit Schrauben kostet um die 160 Euro.

xyz Spaceframe Vehicles mit „e“?

Nun, der e-Rad Hafen hätte das „e“ nicht verdient, wenn er nicht auch nach der Möglichkeit der Elektrifizierung des CargoBikes gefragt hätte… und siehe da – auch das gibt es bereits im Prototyp in Kopenhagen. Allerdings ist die Auswahl der richtigen Komponenten wie Motor, Controller und Akkus nicht einfach und auch die Kontrolle über das Zusammenspiel zu erlangen ist kein Selbstläufer. Vielleicht ein Fall für eine Kooperation mit Leuten, die sich auf  das Nachrüsten von Elektroantrieben spezialisiert haben? Über erste Kontakte wird gemunkelt…

UPDATE 3/2013: Die Variante mit „e“ ist geschafft, die dazu gehörigen Bilder von der VELOBerlin gibt es hier.

Übrigens eine Händlersuche und viele gute Infos zu Lastenrädern gibt es vom VCD – für Privatleute und für Unternehmen.

Mehr e-Rad Hafen zu Lastenrädern