Bosch, Panasonic und Impulse – Mittelmotoren im Vergleich

Mittelmotoren sind die häufigste Motorisierung bei Pedelecs, sie bieten bei der Gewichtsverteilung Vorteile, haben meist eine gute Motorsteuerung und Sensorik (mehr dazu hier), lassen sich mit allen Schaltungstypen kombinieren und es gibt sie auch mit Rücktritt. Weiter haben sie den Vorteil, dass bei einem Reifenwechsel der Motor nicht mit ausgebaut werden muss. Die drei bekanntesten, der  Bosch- der Panasonic- und der Impuls-Motor werden hier genauer verglichen (Infos zum Shimano STePS Antrieb hier, Brose, TranzX und Yamaha hier). Besonders Bosch und Impulse sind sehr kräftig, neuerdings können allerdings Brose und Yamaha mithalten. Gegenüber den ähnlich kräftigen Heckantrieben wie BionX oder Ortlinghaus haben Mittelmotoren den Vorteil, dass sie effizienter sind, denn der Motor profitiert von der Schaltung mit. Die Reichweite ist daher besser. Besonders bei sehr geringen Drehzahlen haben die Direktläufer-Heckmotoren  zudem Schwächen, sie werden heiß und müssen die Leistung verringern.

Bosch

Fotos vom 2014er Bosch-Antrieb, hier.

Den Bosch gibt es seit 2014 in zwei Varianten – Performance Line (auch als 45er Variante erhältlich, dynamischer) und Active Line (25er auch mit Rücktritt erhältlich), 2016 kommt noch die Performance Line CX dazu – sie bietet extra Power besonders für den eMTB Bereich. Der Boschmotor ist sensorisch sehr gut abgestimmt, Freund*innen hoher Trittfrequenz kommen voll auf ihre Kosten. In einingen Drehzahbereichen ist er allerdings recht deutlich hörbar. Die schnelle Variante fährt einen locker bis an die 45km/h-Grenze.

Der alte Boschmotor geöffnet, Foto: E-Rad Hafen
2016 Bosch active offen
Bosch active geöffnet (2016er), Foto: e-Rad Hafen

Achtung 3/2015: Die erste Generation Boschantriebe (Classic), wie auf dem Bild oben, haben ein technisches Problem – mehr dazu bei der Stiftung Warentest hier.

Der Bosch Akku ist kompakt und mit 2,5 Kilogramm relativ leicht, er kann entweder am Sattelrohr oder unter dem Gepäckträger angebracht werden. Es gibt zwei Größen 300Wh und 400Wh (Mehr zu Akkukapazitäten hier, Fotos vom geöffneten Akku hier), 2016 kommt eine 500Wh Version dazu. Der Akku hat die gleiche Energiedichte, wie der große Impulse-Akku (s.u.) und ist bereits nach 2,5 – 3,5h voll aufgeladen (je nach Version) – eine längere Pause reicht auf einer Radtour also, um erheblich nach zu laden. Lange waren die Bosch-Akkus vergleichsweise klein, mit 500Wh wird die Reichweite in Zukunft allerdings nahezu mit den größten Akkus mithalten können (diese liegen bei rund 630Wh). Gerade bei S-Modellen sind 400Wh schnell verbraucht, eine 500Wh-Lösung ist durchaus nicht zu hoch gegriffen. Das Display ist gegenüber dem alten (vor 2013) größer, besser lesbar und beleuchtet. Es gibt „nur noch“ 4 Unterstützungsstufen (statt zuvor 12). Auch der An- und Ausschalter ist am Display, nicht mehr am Akku. Nahe am Bremshebel ist eine Fernbedienung angebracht – Der Antrieb ist somit noch einmal an wichtigen Punkten verbessert. Eine Schiebehilfe gibt es jetzt auch.

Fazit: Der Boschmotor steht für ein sehr dynamisches Fahrverhalten das gut auf das Verhalten des Fahrenden angepasst ist.

Impulse (Derby Cyles)

Aktuell ist der Impulse 2.0, der seit der Saison 2014 im Handel verkauft wird und auch in einer S-Variante erhältlich und hat als erster eine Schubunterbrechung, wenn geschaltet wird. Diese Idee hatte ich hier schon mal angedacht – beim Impulse funktioniert sie ausgezeichnet, etwa am Kalkhoff Sahel. Der Hauptgewinn dabei ist, dass auch einfache Nabenschaltungen wie die Nexus nicht mehr hakeln. Für die Saison 2016 ergänzt der Impulse „Evo“ das Programm – er liefert mit maximal 80Nm Drehmoment deutlich mehr Power und macht spürbar weniger Lärm  (laut Hersteller 50%, was sich schwer überprüfen lässt). Typisch ist, dass der Motor ziemlich rückartig einsetzt und dann sehr schön gleichmäßig arbeitet.

Der Impulse wurde von der Firma Daum exklusiv für Derby Cycle entwickelt und war der erste der schon 2011 mit Rücktritt zu haben war. Speziell für die Klientel mit „Rücktritts-Wunsch“ wurde dieser Motor auch mit einer sehr feinfühligen Sensorik ausgestattet. Der Motor ist in den älteren Versionen sehr leise und etwas weniger kraftvoll als die Motoren von Panasonic und Bosch. Anfahr- bzw. Schiebehilfe ist optional erhältlich.

Der Akku ist wie beim Panasonic-System hinter dem Sattelrohr angebracht, allerdings gibt es zwei wichtige Unterschiede: Durch eine an das Hinterrad angepasste Bauform braucht der Akku weniger Platz und ist zudem leichter. Es gibt den Akku aktuell in drei Größen, 396Wh (11Ah bei 36V), der große 522Wh (14,5Ah bei 36V) und 612Wh (17Ah bei 36V). Der „Evo“ Antrieb wird nun auch in einer extra sportlichen Version dem „Evo-rs“ mit einem im Unterrohr des Rahmens integrierten Akku angeboten – schön zu sehen beispielsweise beim Integrale von Kalkhoff.

Fazit: Der Impulse-Motor wurde lange vor allem an Rädern für gemütliche und ausdauernde Touren und Alltagszwecke verwendet. Es gibt ihn an Rädern der Derby Cycles Gruppe (bspw. Kalkhoff und Raleigh) und der Marke Gazelle. Durch die 2013 eingeführte S-Variante des Impulse 2.0 kann man auch wesentlich sportlicher unterwegs sein (Fotos vom Impulse II an einem Focus MTB, hier, ab Bild 50). Die 2016er Varianten unterstreichen den Trend zu mehr Dynamik nochmals.

Panasonic

Aktuell: Fotos und erste Eindrücke vom 2014er Panasonic Antrieb hier

Der Panasonicmotor war lange der meist verkaufte im deutschsprachigen Raum, hat aber in den letzten Jahren deutlich an Markanteilen verloren. Die Zuverlässigkeit ist dennoch durch Millionen von gefahrenen Kilometern bewiesen. Mit dem neuen 36Volt System hat Panasonic 2012 eine Lücke gegenüber anderen Mittelmotoren geschlossen; der Antrieb unterstützt jetzt auch bei höheren Trittfrequenzen und wird insgesamt harmonischer (mehr zum Unterschied zum alten 26 Volt System hier), allerdings regelt er Fans hoher Trittfrequenzen immer noch zu früh ab. Am Berg ist der Panasonic nicht ganz so stark wie der Boschmotor, bringt einen aber dennoch sicher steile Berge hinauf. Beim Fahren ist der Motor etwas leiser als Bosch. Eingeschlichen hat sich, dass der Motor kurz nachläuft, wenn nicht mehr in die Pedale getreten wird. Am Berg macht dieses Nachlaufen das Schalten bei einer Nabenschaltung kompliziert, es dauert einen Moment zu lange, bis man schalten kann. Den Panasonic gibt es auch in einer schnellen Variante, die einen ganz entspannt an die 45km/h Grenze heran fährt.

Bei den Akkus ist Panasonic beim Alten geblieben, die Position ist in allen Fällen hinter dem Sattelrohr, die genauen Spezifikationen kommen allerdings vom Hersteller des Rads. Der Akku ist recht voluminös und schwer, dafür gibt es unterschiedliche Größen. Wer häufig längere Touren macht, ist mit einem großen Akku mit bspw. 432Wh gut bedient (12Ah bei 36V, 3,5 Kilogramm). Die Ladezeit hat sich gegenüber den alten Systemen deutlich gebessert, der große Akku ist in 3,5 Stunden voll.

Auswahl hat man beim Panasonic bezüglich Rücktritt und Anfahr- bzw. Schiebehilfe, beides ist optional erhältlich, allerdings nicht beide Optionen zusammen. Das geht nur beim Impulse Antrieb.

Fazit: Der Panasonic Motor ist lange erprobt, bietet großen Komfort und wichtige Auswahlmöglichkeiten.

Etwas zu Reichweiten und ein Tipp zum Schluss

Einen sehr lesenswerten Reichweiten-Test unter realen Bedingungen hat mein Kollege Wolfram Hartmann von Feine Räder e.V. für den Bosch Antrieb (alter Akku) und den Panasonic durchgeführt – hier nach zu lesen, für den Bosch 400 Wh Akku, hier . Und nun der Tipp: Wie oben gesagt, lassen sich Mittelmotoren mit allen Schaltungstypen kombinieren. Besonders häufig werden sie mit Nabenschaltungen kombiniert, weil diese wartungsärmer sind. Wer allerdings viel in bergigem Gelände unterwegs ist, dem wird das Schalten mit der Nabenschaltung manchmal schwer fallen. Besonders mit dem Panasonicmotor, aber auch mit dem Bosch hakt die Schaltung erheblich, das ist mir bei vielen Testfahrten aufgefallen. Zum Glück setzt sich langsam die Schubunterbrechung durch – Shimano Steps und Impulse bieten sie bereits an. Eine Kettenschaltung schaltet deutlich schneller und hat das Problem nicht, allerdings wird die Kette schneller verschlissen.

Ein Ausweg aus diesem Problem ist die Kombination eines Mittelmotors mit einer stufenlosen Nabenschaltung (NuVinci). Diese beiden Komponenten harmonieren perfekt und die NuVinci lässt sich auch unter Last wunderbar schalten. Wer sich also nicht zwischen Schalt-Komfort und Wartungsarmut entscheiden kann: Diese Kombination ist bietet beides und man sollte sie einfach mal ausprobieren (mehr zu Nuvinci auch hier).

Was gibts Neues? Folgt e-Rad Hafen auf facebook. Die neuesten e-Rad Hafen Artikel hier

Mehr e-Rad Hafen

e-Rad Hafen zum Thema Radpolitik

Bremsen, Impulse und was sonst so anliegt…

Die Oktober Festivitäten in Tanna sind durch und auch die Welt abseits der Räder mit Elektromotoren hat sich weiter gedreht. Tanker gehen kaputt, Bahnelektrik brennt und im Schatten der Flammen versucht die Regierung, sich aus der Trojaner-Affäre zu ziehen. Aber es gelingt nicht so recht: 180.000 Google-Hits zum Thema an den ersten zwei Tagen sprechen eine klare Sprache. Grüne und SPD in Berlin sind derweil die Sieger_innen im nicht existenten e-Rad Hafen Wettbewerb „Lieblinge des Monats“. Denn, egal wer nun zuerst gesagt hat „ich will nicht“, es erleichtert doch, wenn selbst in der Politik ab und an gilt: Zwischen „definitiv ja zur A100“ (SPD) und „definitiv keine A100“ kann es kaum einen Mittelweg geben. Nun wünsche ich der SPD viel Spaß mit der CDU und den Grünen, tja: viel Spass vielleicht beim Resozialisieren der Piraten, wie Renate Künast es formuliert hat?

Zum Thema: e-Räder

In Tanna ist der Test durch, bei bestem Regenwetter mit viel Wind und deutlich gefallenen Temperaturen. Was gab es noch zu berichten? Zwei Drittel der Test-Räder haben einen Mittelmotor, neben Panasonic 36V (in unterschiedlichen Konfigurationen) und Bosch war auch noch der für Derby von der Fa. Daum gebaute Impulse Motor am Start. Er war weiterhin der einzige Tretlagermotor mit Rücktritt (an der zweiten Testrunde in einigen Wochen soll ein allerdings auch ein Rad mit Panasonic und Rücktritt dabei sein). Mir hat der Impulse gut gefallen, er ballert vielleicht nicht so am Berg wie ein Bosch oder der 36V Panasonic in der kräftigen Ausführung, dafür setzt er extrem direkt ein und läuft nicht nach. Beim Anfahren in der Ebene perfekt. Der Motor ist außerdem der leiseste der drei Mittelmotoren. Dazu sind die Akkus trotz der stattlichen Kapazität von 540Wh (15Ah, 36V) deutlich kleiner und mit knapp 3kg auch ein Kilo leichter, als der vergleichbar große Panasonic-Akku. (hier mehr zum Vergleich der Mittelmotoren von Bosch, Impulse/Daum und Panasonic)

Impulse Akku aus dem Hause Derby Cycles
für die Größe relativ klein und leicht der Impulse Akku..., Foto: e-Rad Hafen

Bremsen

Neben der Dominanz der Mittelmotoren war an den Testrädern auffallend, dass nicht mal mehr eine Hand voll Räder mit V-Brakes gab: Das ist eine deutliche Veränderung zum Test im April, bei dem noch 12 von 26 Rädern mit solchen Bremsen ausgestattet waren (dazu 12 Scheiben, 2 hydraulische Felgenbremsen). Diesmal hatte die Mehrheit der Räder hydraulische Felgenbremsen. Offenbar gehen die Hersteller hier zunehmend auf Nummer sicher (und sie schicken sicher Räder mit überdurchschnittlicher Ausstattung zu ExtraEnergy).

 

Bericht von der Bike Expo 2011

Lange habe ich hin und her überlegt, ob sich die Reise nach München lohnt, jetzt kann ich sagen: Ja. Die BikeExpo, die kleinere der beiden Herbstmessen der Fahrradbranche war die Reise wert.

Besonders der Freitag war sehr ruhig und man konnte plaudern und sich alles in Ruhe anschauen. Sogar am heutigen Publikumstag (Samstag) war es nicht zu voll. Einiges war dabei im Bereich E-Räder los. Sie waren überall und man hätte die Messe gut BikeElektro statt BikeExpo nennen können. Mitten drin der Parcours von ExtraEnergy bei dem auch die Testräder vom April mit den Ergebnissen ausgestellt waren (sie hängen in der Mitte des Parcours wie man im Video erahnen kann). Als Testfahrer fand ich das besonders interessant.

Viel neues gab es zu sehen, besonders bei den Akkus und Motoren.

Die Akkus

Sie werden immer leistungsstärker, das heißt man kann mit gleich großen Akkus weiter fahren. Besonders auffällig ist das beim Impulse Antrieb von Kalkhoff, mit 15Ah bei 36Volt liefern die Akkus volle 540 Wattstunden und das mit dem Gehäuse des alten Akkus. Ob das auch sicher ist, wird derzeit im BATSO-Test untersucht. Denn letztlich bedeutet mehr Kapazität bei gleichem Volumen immer mehr Potential für Hitzeentwicklung, die dann unter Umständen zu Explosionen oder Bränden führen kann.

Reichweite bald kein Thema mehr?

Ähnlich viel Kapazität haben mittlerweile auch die Akkus des Panasonic-Antriebs, sie sind aber um einiges schwerer und voluminöser. Es scheint, dass damit das Problem „Reichweite“ langsam der Vergangenheit angehört- Kapazitäten um 500Wh bedeuten, dass Reichweiten über 100km keine Seltenheit mehr sein werden. In Zukunft wird die Frage eher sein: Wie viel Reichweite brauche ich? Denn zu große Akkus sind schwer und teuer – da kann weniger schon mal mehr sein.

Problem Lebensdauer

Unzufrieden sind einige Experten dagegen mit der Lebensdauer der Akkus. Hannes Neupert von ExtraEnergy wies in einem Vortrag darauf hin, dass Toyota für LKW Lithium Akkus baut und darauf 15 Jahre Garantie gibt. Statt der 4-5 Jahre seien auch im E-Rad Bereich 8 Jahre gut machbar. „Aber das Geschäft mit dem Verkauf von Ersatzakkus ist für die Hersteller zu attraktiv, es ist ökonomisch ideal für Hersteller, wenn Akkus bald nach Ende der Garantie kaputt gehen“. Ein klassischer Fehlanreiz also, Marktversagen nennt man das in der Volkswirtschaftslehre.

Um dem Problem bei zu kommen, schlug Neupert vor, Akkus sollen nur noch als Leihware abgenommen werden – der Vorteil wäre dann, dass der Hersteller großes Interesse hat, dass die Akkus lange halten. So oder so, bei der Lebensdauer ist noch viel Luft nach oben. Und sie sollte genutzt werden, denn wie im Hafen bereits dargestellt, sollte mit Lithium sparsam umgegangen werden.